If you pay peanuts...

Bei der Durchsicht von Projektangeboten, die in einschlägigen Netzwerken und Projektbörsen angeboten werden, bin ich auf ein Angebot aufmerksam geworden, das ich recht interessant fand. Die Ausschreibung umfasste die folgenden Merkmale(Auszug):

  • Gewährleistung eines verlässlichen und kosteneffizienten Betriebs der vorhandenen MS SQL Server- Systeme
  • Spezialkenntnisse im Bereich MS SQL Server
  • praktische administrative Erfahrungen im 2nd und 3rd Level Support für MS SQL Server
  • Gute Kenntnisse der MS SQL Server Architektur und Administration, möglichst einschließlich spezieller Features wie Log Shipping, Replikation, DB Mirroring, Cluster und DTS/SSIS

Gemessen an der gesunden Selbsteinschätzung habe ich bei der Projektagentur angerufen und nach weiteren Details gefragt. Der Ansprechpartner war sehr nett und fing auch gleich an, zu erzählen, wie toll es doch sei, für “den Kunden” zu arbeiten und das man viel Wert auf langfristige Engagements und Leistungsbereitschaft lege. Prima – hört sich toll an! Irgendwann fragte man nach meinen Qualifikationen und ich erzählte, dass ich MCM und MVP sei und mich sowohl im Bereich Optimierung als auch Betrieb mit Hochverfügbarkeit und Desaster Recovery gut auskennen würde. Leider musste ich dann – wie doch recht häufig – dem Zuhörer am anderen Ende der Leitung erläutern, was die Zertifizierung “MCM” bedeutet. Danach kam dann die – überraschende – Antwort: “Oh, da werden Sie dem Kunden sicherlich zu teuer sein – der Kunde sucht einen JUNIOR DBA”. Es versteht sich von selbst, dass anschließend das Gespräch doch recht schnell beendet wurde – den angebotenen Stundensatz möchte ich hier nicht publizieren; es wäre eine Beleidigung für alle “engagierten” DBA, die “Leistungsbereitschaft” zeigen.

Höchste Ansprüche…

Die Anforderungen in der Projektbeschreibung mit einem “Junior DBA” abzudecken, empfinde ich als grob fahrlässig.  Wer sich ein wenig mit Hochverfügbarkeitslösungen auskennt, weiß, dass die genannten Anforderungen auf keinem Fall von einem “Junior DBA” gemeistert werden können. Hier gehört ein Profi hin, der viele Jahre Erfahrungen in der Administration von Hochverfügbarkeitslösungen besitzt. Nur mal von “Log Shipping” gehört zu haben, reicht nicht aus; hier gehört vor allen Dingen ein hohes Maß an Kenntnisse über Backup-Strategien ins Portfolio. Replikation? Welche Art der Replikation ist denn gewünscht? …

Liest man sich die Skills durch, soll durch EINEN Anfänger das Wissen von vier Experten abgedeckt werden:

  • dba Operations für 2nd und 3rd Level
    • Security
    • Optimierung
    • Backup / Recovery
    • Configuration
  • Professional DBA / Architekt mit Erfahrung in Hochverfügbarkeitslösungen / Desaster Recovery Lösungen
  • Professional Windows Administrator mit Erfahrungen im Clusterbetrieb
  • BI-Experte für die Bearbeitung von DTS/SSIS Paketen
    (und vermutlich auch SSRS und AS)

für wenig Geld…

Natürlich möchte die Projektagentur mitverdienen. Es sei ihr auch gegönnt; schließlich muss sie die Akquisition betreiben und den Kunden betreuen. Vermutlich ist bei Ausschreibungen dieser Art nicht ausschließlich der Agentur der “Schwarze Peter” zuzuschieben; vielmehr scheint der Kunde kein Verständnis für die Anforderungen in Verbindung mit den am Markt geforderten Preisen zu haben.

Den Projektagenturen (hier kann man schon pauschalieren) kann man vorzuwerfen, dass sie sich nicht ausreichend mit dem Kunden beraten und die Anforderungen besprechen. Statt mit “ihrem” Kunden gemeinsam die Anforderungen mit dem Markt abzugleichen, wird die Ausschreibung OHNE Prüfung einfach mittels “Copy & Paste” in die Netzwerke verbreitet. Schaut man sich die Projektbörsen mal genauer an, muss man sich fragen, wer eigentlich von wem kopiert!

Würde hier die Projektagentur dem dem Kunden im Dialog beraten, wird man schnell feststellen, dass die Anforderungen einen – wirklichen – Spezialisten erfordern. Sollte der Kunde dennoch auf seine Preisvorstellungen bestehen, wäre es der Projektgesellschaft anzuraten, eher mal auf ein Geschäft zu verzichten, als um jeden Preis einen “Kopf” auf die ausgeschriebene Stelle zu setzen!

If you pay peanuts you get monkeys!

Ich habe diesen Spruch von einem lieben Freund aufgegriffen; und er trifft das oben beschriebene Problem zu 100%. Die Projektagentur/der Kunde muss sich einfach im Klaren sein, dass Spezialisten durch viele Jahre Erfahrung und durch entsprechende Zertifizierungen ihr Wissen gefestigt haben. Das die oben beschriebene Aufgabe nicht durch einen “Spezialisten” mit 2-3 Jahren Berufserfahrung zu meistern ist, sollte jedem Einkäufer klar sein. Auch eine Projektagentur sollte nicht immer nur auf den – kurzfristigen – Umsatz schauen sondern selbstkritisch hinterfragen, was passiert, wenn was passiert. Eine Eigenschaft, die wohl heute – im Zeitalter des schnellen Euro - nicht mehr zeitgemäß ist.

Der Projektmarkt ist überschaubar; die seriösen Projektbörsen sind bekannt. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird sich für das beschriebene Projekt jemand finden, der sich den Herausforderungen stellt. Mit genau so großer Wahrscheinlichkeit werden anschließend die “Experten” nach den “Spezialisten” gerufen werden; nur ist es dann sehr häufig schon recht teuer geworden.

Wer billig kauf, kauf zwei mal– und die GUTEN Experten sind auch nicht blöd! Werte Projektgesellschaft, werter Kunde – was bleibt dann noch übrig, um die angebotene Position zu besetzen?

Herzlichen Dank fürs Lesen!